Alternativer Antrieb

Emissionsfrei fahren – fast ohne Platin

Platin ist selten und teuer. Doch bisher war es nicht möglich, den Großteil des Edelmetalls in Elektroautos mit Brennstoffzellen zu ersetzen. Jetzt hat eine deutsche Forscherin eine Alternative gefunden – und wurde dafür mit einem gemeinsamen Preis des Wissenschafts- und Technologie-Unternehmens Merck und des Manager Magazins ausgezeichnet

Alternative im Verkehr: Fahrzeuge mit Brennstoffzellen. Copyright: Merck

Eigentlich sind diese Autos für umweltbewusste Autofahrer ein Traum: keine CO₂-Emissionen, keine Stickoxide, eine Reichweite von bis zu 700 Kilometern – und das Volltanken ist innerhalb von drei Minuten erledigt. Brennstoffzellenfahrzeuge, die ihre elektrische Energie durch die chemische Reaktion von Wasserstoff mit dem Sauerstoff aus der Luft erzeugen, haben eine herausragende Komfort- und Klimabilanz. Und trotzdem: Der Durchbruch ist ihnen bisher nie gelungen.

Bisher war Platin alternativlos
Die Zahl der in den vergangenen zehn Jahren zugelassenen Brennstoffzellenfahrzeuge liegt weltweit unter 15.000. Und das, obwohl namhafte Hersteller leistungsstarke Modelle auf den Markt gebracht haben. Hauptgrund für die Kaufzurückhaltung sind neben dem noch wenig ausgebauten Tankstellennetz die hohen Kosten. Von Platin beispielsweise können pro Jahr weltweit nicht mehr als 170 Tonnen verarbeitet werden. Das treibt den Preis. Bisher ist das knappe Edelmaterial in Auto-Brennstoffzellen unersetzlich. Als Beschleuniger (Katalysator) der chemischen Reaktionen sorgt es dafür, dass sich das getankte Wasserstoffgas in Wasserstoff-Ionen (Protonen) und Elektronen aufspaltet. Die Protonen wandern bei einer Betriebstemperatur zwischen 80 und 100 Grad durch eine haarfeine Kunststoffmembran und verbinden sich in einer weiteren Reaktion – ebenfalls unter Mitwirkung von Platin – mit Sauerstoff zu Wasser. Dabei fließen die Elektronen über einen äußeren Stromkreis zum Elektromotor und sorgen so für den emissionsfreien Antrieb des Autos.

Vorbild: unsere Blutzellen 
Wäre dieser Prozess weitgehend ohne Verwendung von Platin möglich, würden Brennstoffzellen deutlich preisgünstiger und damit für Autofahrer attraktiver werden. Wissenschaftler suchen daher schon lange nach Alternativen. Ihr Vorbild: das Hämoglobin unserer roten Blutkörperchen. Im Zentrum dieses Proteinkomplexes im Blut liegt eine Häm-Gruppe mit einem Eisenatom in der Mitte, umgeben von vier Stickstoff-Kohlenstoff-Ringen. Sie dient dem Sauerstofftransport, denn an das Eisen kann sich Sauerstoff anlagern und wieder loslösen. Wissenschaftlern der TU Darmstadt ist jetzt ein Durchbruch dabei gelungen, dieses Prinzip auf die Katalysator-Technologie anzuwenden. Ein Team um Ulrike Kramm, Katalysator-Expertin und Juniorprofessorin an der TU Darmstadt, konnte wichtige Beiträge zur Strukturaufklärung liefern und ausgehend davon eine neue, einfache Synthese entwickeln, um so Katalysatoren aus komplex gebauten Eisen-Stickstoff-Kohlenstoff-Molekülen herzustellen. Ähnlich wie in der Häm-Gruppe ist in deren aktivem Zentrum ein Eisenatom.

Das Auftanken mit Wasserstoff dauert nur wenige Minuten. Copyright: Adobe Stock

Auszeichnung für Spitzenforschung
Das Wissenschafts- und Technologie-Unternehmen Merck hält diese Entdeckung für so bedeutend, dass es Ulrike Kramm mit dem gemeinsam mit dem Manager Magazin verliehenen Curious-Mind-Forscherpreis für junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unter 40 auszeichnete. „Eine derartige Spitzenforschung macht es möglich, dass wir künftig viel effizienter mit unseren knappen natürlichen Ressourcen umgehen können“, begründete Stefan Oschmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Merck, die Entscheidung. „Wir brauchen neue Technologien, um die ökologischen Herausforderungen anzupacken und zugleich immer mehr Menschen ein Leben in Wohlstand zu ermöglichen.“

Weitere Beispiele dafür, wie Merck mit innovativer Wissenschaft und Technologie wichtige Nachhaltigkeitsthemen fördert, gibt es hier.